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Trügerische Sicherheit?
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Trügerische Sicherheit?

Die Bundesbürger „rüsten auf“ mit Pfefferspray und Gaspistolen

In Rosenheim lässt es sich gut und sicher leben. Das bestätigt auch die aktuelle Verbrechensstatistik des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Dass die öffentliche Wahrnehmung oftmals eine andere ist und das Thema „Innere Sicherheit“ mitunter in Gesellschaft und Medien hitzig diskutiert wird, das steht auf einem anderen Blatt. Fakt ist, so Andreas Guske von der Pressestelle im Präsidialbüro, dass Bayern eines der sichersten Bundesländer ist und die Region Rosenheim hier sogar noch einen Spitzenplatz einnimmt. Von einer Zunahme der Verbrechen im Jahr 2015 kann nicht die Rede sein.

Die sogenannten Rohheitsdelikte, die das Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum wesentlich bestimmen, sind nicht signifikant gestiegen, die Straßenkriminalität in der Region ist sogar um 6,3 Prozent zurückgegangen.

Die Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung und individuellem Sicherheitsgefühl der Bürger und den Zahlen in der Polizeistatistik erklärt Andreas Guske mit einer „verschärften Berichterstattung“ in bestimmten Medien.

Sehr skeptisch sieht Andreas Guske den bundesweiten Trend zur „Aufrüstung“ der Bürger. Immer mehr Menschen legen sich Pfefferspray und Schreckschusspistolen zu, um sich im Notfall selbst verteidigen zu können. Für Letztere braucht man den „Kleinen Waffenschein“. In Rosenheim sind derzeit 286 Inhaber dieser Berechtigung registriert. Hiervon sind 45 Frauen und 241 Männer. „Der sogenannte kleine Waffenschein gilt nur für Schreckschuss- beziehungsweise Gaspistolen. Diese dürfen grundsätzlich von jeder volljährigen Person ohne eine besondere behördliche Erlaubnis erworben werden. Möchte man diese Waffe zur Selbstverteidigung auch führen, benötigt man den kleinen Waffenschein. Hier werden nur Volljährigkeit, Zuverlässigkeit und persönliche Eignung überprüft“, erläutert Christian Schwalm, stellvertretender Pressesprecher der Stadt Rosenheim.

Ein Blick ins Internet auf die Seiten bekannter OnlineVersandhäuser zeigt, wie einfach und problemlos man an Pfefferspray, Schreckschusspistolen und Co. kommen kann.

Ein paar Klicks, und schon kommt das gewünschte Teil per Post ins Haus. Nur kleine Hinweise, etwa „Achtung: Nicht geeignet für Kinder unter 14 Jahren. Benutzung unter Aufsicht von Erwachsenen“ verweist auf die Gefährlichkeit dieser Geräte.

Dabei gilt für auch für Besitz und Führen derartiger Waffen das bundesdeutsche Waffenrecht: Wer eine Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen (abgekürzt SRS-Waffe) mit PTB-Zulassungszeichen in der Öffentlichkeit dabei hat, muss immer auch den „Kleinen Waffenschein“ und seinen Personalausweis oder Pass mitführen. Ansonsten können Geldbußen verhängt werden, die bis zu 10 000 Euro betragen können. Wird jemand beim Führen solcher Waffen ohne Erlaubnis, das heißt ohne den „Kleinen Waffenschein“ angetroffen, dann stellt das eine Straftat dar. Es droht unter Umständen eine Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren und die Einziehung der Waffe(n). Das Schießen in der Öffentlichkeit ist auch mit dem „Kleinen Waffenschein“ verboten. Das gilt ausdrücklich auch zu Silvester. Gas- und Schreckschusswaffen, die kein PTB-Zeichen haben, unterliegen stets der Erlaubnispflicht als echte Waffe (Eintragung in eine Waffenbesitzkarte).

„Grundsätzlich gilt, dass jedes Gerät, das man zur Selbstverteidigung mitführt, auch von dem Angreifer entwendet und dann gegen einen selbst benutzt werden kann! Gerade in derartigen Notfällen ist man unter Schock und überfordert mit der Anwendung der Selbstverteidigungsutensilien, was eine zusätzliche Gefahr birgt“, gibt Andreas Guske zu bedenken. Außerdem könne, was oft unterschätzt wird, auch eine Gaspistole aus kürzester Entfernung abgefeuert, schwerste Verletzungen verursachen. Er rät davon ab, sich von Schreckschusspistolen und Spray Sicherheit vorgaukeln zu lassen. Außerdem sind die Schreckschuss- und Gaspistolen echten Waffen oftmals täuschend echt nachempfunden. Andreas Guske dazu: „Bei einem polizeilichen Einsatz können die Kollegen aus der Entfernung den Unterschied nicht ausmachen. Das kann zu tragischen Folgen führen!“

Den Bürgern rät Andreas Guske zu erhöhter Wachsamkeit und bürgerlichem Zusammenhalt: „Unser Polizeipräsident Robert Kopp hat vor kurzem die Initiative Notrufoffensive 110 vorgestellt. Wir wollen die Bürger sensibilisieren, lieber einmal zu oft den Hörer in die Hand zu nehmen und Vorkommnisse zu melden, die ihnen dubios vorkommen. Gerade bei verdächtigen Wahrnehmungen entscheidet oft jede Sekunde. Wer aus gutem Grund den Notruf wählt, muss sich keine Sorgen über Konsequenzen machen“. Außerdem setzt das Polizeipräsidium Oberbayern Süd auf intensive Präventionsarbeit beim Einbruchschutz. Mit viel Sachverstand und Erfahrung, so Andreas Guske, geben die Kollegen von der kriminalpolizeiliche Beratungsstelle Rosenheim wertvolle Tipps, wie man Wohnung und Haus effektiv vor Langfingern schützen kann. Informationen gibt es unter Telefon 0 80 31/ 2 00 37 12. ff

 

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