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Alles muss weg!
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Alles muss weg!

Große Herausforderungen bei der Müllverwertung in Rosenheim

Altpapier, Verpackungen, kaputte Haushaltsgeräte oder Grüngut – ein jeder kennt aus eigener Erfahrung die Menge an Abfall, die in unserem Leben tagtäglich anfallen. Darunter sind zum großen Teil wertvolle Rohstoffe, die sachgerecht verwertet, zu neuen Produkten weiterverarbeitet werden können, aber auch gefährliche Stoffe, die einer ganz besonderen Behandlung bedürfen.

Seit 30 Jahren steht hier der Wertstoffhof der Stadtwerke Rosenheim in der Innlände 25 mit seinen bestens ausgebildeten Fachkräften den Bürgern aus Stadt und Landkreis als Ansprechpartner zu Verfügung. Zu den kundenfreundlichen Öffnungszeiten Montag bis Samstag von 8 bis 17 Uhr kann man hier sämtliche Abfälle und Wertstoffe abliefern. Und das auch noch mit gutem Umweltgewissen: Der Wertstoffhof arbeitet seit 1998 nach einem zertifizierten Umweltmanagement-System, das regelmäßig von unabhängigen Gutachtern im Rahmen des ,,Eco Management Autit Scheme“ (EMAS), geprüft wird. ,,Das EMAS gilt als weltweit anspruchsvollste Umweltprüfung und verpflichtet uns auch zur permanenten Weiterentwicklung unserer Standards und technischen Möglichkeiten“, so Dipl.-Ing. Franz Gerthner, Bereichsleiter Entsorgung der Stadtwerke Rosenheim.
Die Koordination und Abwicklung des Entsorgungskreislaufs der Stadtwerke stellt die Verantwortlichen immer wieder vor große Herausforderungen. ,,Wir haben Verträge und Vereinbarungen mit unzähligen spezialisierten Entsorgungs- und Verwertungsfirmen, mit denen wir kooperieren“, erklärt Franz Gerthner. Ausrangierte Hausgaltsgeräte werden etwa von einer Tochterfirma von ThyssenKrupp abgeholt.

In einem riesigen Zerkleinerer werden sie geschrettert, Fremdstoffe und Edelmetalle herausgefiltert und dann im Stahlwerk als Rohstoff weiterverwertet. Ausgediente Kabel werden getrennt gesammelt, eine Spezialfirma trennt das wertvolle Kupfer heraus. Eine Sonderstellung nehmen Kühlgeräte ein, aus denen in aufwendigen Verfahren des extrem klimaschädliche FCKW aus dem Kühlkreislauf und auch aus dem Isolierschaum gefiltert werden muss. ,,Die Geräte werden vom EAR, dem Elektro-Altgeräte-Register, einem Zusammenschluss der Hersteller fachgerecht entsorgt“, so Franz Gerthner. Eine Spezialbehandlung wegen giftiger Inhaltsstoffe brauchen etwa auch die Energiesparlampen, Leuchtstoffröhren aber auch Batterien. Elektroschrott wird in einem Chiemgauer Fachbetrieb in Handarbeit zerlegt und in kostbare Metalle und andere Wertstoffe getrennt.

Ganz besonders stolz ist Franz Gertner darauf, dass die gesamte Abfallverwertung und Entsorgung kostenneutral ist: ,,Für einige Rohstoffe, wie etwa dem Stahlschrott oder auch Altpapier beziehungsweise Kartonagen bekommen wir Geld, für die verantwortungsvolle Entsorgung anderer Stoffe bezahlen wir. Die Bilanz in den schwarzen Zahlen und dabei eine möglichst bürgerfreundliche und faire Gebührengestaltung zu halten, das ist unser großes Ziel.“

Dass sie Mitarbeiter des Wertstoffhofes ganz besonders gut und fundiert ausgebildet sein müssen, zeigt sich insbesondere bei der Annahme von giftigen und bedenklichen Stoffen. Beim Einschätzen von ungekannten und gefährlichen Stoffen, etwa Altöl, ätzenden Flüssigkeiten, Medikamenten und vielem mehr, braucht es breite Grundkenntnisse in Chemie und Stoffphysik. Der Umgang damit nach der Identifizierung, die Verpackung in isolierenden Tonnen erfordert nicht nur beste Kenntnisse im Umweltrecht sondern auch große Umsicht.

Auf das reine Einsammeln reduziert sich die Tätigkeit der Stadtwerke beim Verpackungsmüll von der Dose bis hin zum Tetrapack der mit dem sogenannten ,,Grünen Punkt“ gekennzeichnet ist. Die Stadtwerke liefern die Leichtverpackungen an eine Sortierungsanlage, die das Duale System als Betreiber eines bundesweit tätigen Mülltrennungssystems vorschreibt. Alle drei Jahre schreibt der Betreiber den Auftrag zum Einsammeln des Verpackungsmülls neu aus, die Stadtwerke Rosenheim haben sich für diese 2016 neu anstehende Vergabe selbstverständlich wieder beworben.

Skepsis gegenüber Dualem System

,,Wir sehen dieses System durchaus skeptisch“, so Franz Gerthner. Man könne keinesfalls sicher sein, dass die Entscheidung wieder zugunsten der Stadtwerke ausfalle; falls ein neuer Betrieb mit dem Einsammeln betraut würde, so müssten zum Stichtag 31. Dezember 2015 sämtliche Container gewechselt werden. ,,Die Vergabe des Sammelauftrags im Drei-Jahres-Rhythmus und die damit verbundene Unsicherheit, erschwert natürlich eine längerfristige Planung und Investition. Wir Kommunen hätten uns vom Gesetzgeber hier eine Lösung ähnlich wie beim Altmetall und dem Elektroschrott gewünscht. Als Kommune kennen wir die Verhältnisse vor Ort und wären als kontinuierliche Ansprechpartner für die Sammlung wohl die besten Ansprechpartner!“

Mit dem Thema beschäftigt sich auch gerade der Deutsche Bundestag, der Ausschuss für Umwelt hat im Mai bereits ein Votum für eine geänderte Verpackungsverordnung beschlossen. Ein neues Wertstoffgesetz, das Verpackungsmüll deutlich reduzieren und die Anforderungen an die Verwertungsnachweise erhöhen soll, wird derzeit im Bundesumweltministerium erarbeitet. Die Verabschiedung des Gesetzes ist für nächstes Jahr geplant.
Hohe Wellen geschlagen hat in Rosenheim übrigens noch eine andere gesetzliche Vorgabe: Seit Anfang des Jahres gilt bundesweit die Getrenntsammelpflicht für Grüngut und Biomüll, der nicht mehr in der Restmülltonne entsorgt werden darf. Die Bürger in Rosenheim können diese Abfälle zu den 133, über das gesamte Stadtgebiet verteilten Container bringen oder selbst im Garten kompostieren. Im Umweltausschuss des Stadtrates wurden in diesem Zusammenhang kürzlich leidenschaftlich die Durchführung der zugrunde liegenden EU-Richtlinien und die eventuelle Einführung einer Biotonne für die städtischen Haushalte diskutiert. Die Sorgen der Stadträte: Geruchsbelästigung und Schädlingsbefall sowie eine Erhöhung der Müllgebühren. Die Stadtverwaltung wurde nun beauftragt, ein schlüssiges Konzept zu erarbeiten, das die Ökolbilanzen beider Systeme überprüft und die Frage klären soll, inwieweit auch eine Bestellung der Biotonne auf freiwilliger Basis möglich sei.                                  Franziska Finsterwalder

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