Neues Impf-Projekt ,,ImoG“ in der Region Rosenheim
,,Ich kann mich noch sehr gut an einen Fall von Kinderlähmung erinnern, den ich vor Jahrzehnten erlebt habe. Diese schreckliche Krankheit bei einem Menschen gesehen zu haben, hat sich tief eingeprägt“, erzählt Dr. Irmgard Wölfl, Leiterin des Staatlichen Gesundheitsamtes in Rosenheim. Inzwischen gilt Polio in Deutschland als so gut wie ausgestorben. Zu verdanken ist das der Entwicklung eines Impfstoffes in den Fünfziger und Sechziger Jahren und der konsequenten Anwendung dieser Impfung.
Das ist nur ein Beispiel von vielen gefährlichen Krankheiten, die durch eine Impfung effektiv verhindert werden können. Es heißt: ,,Kleiner Pieks – große Wirkung!“ Doch gerade in Stadt- und Landkreis Rosenheim sind die Durchimpfungsraten der Bevölkerung im bayernweiten Vergleich deutlich geringer. ,,Unsere Region ist leider bei vielen Impfungen Schlusslicht“, bedauert Dr. Irmgard Wölfl.
So liege bei der Erstimmunisierung gegen Masern die bayerische Durchimpfungsrate bei 95,3 Prozent, in der Region Rosenheim bei nur 86,4 Prozent. Noch deutlicher wird diese Kluft bei der anschließenden, notwendigen zweiten Masernimpfung.
Hier liegt die Quote in Bayern noch bei 90,5 Prozent, in Rosenheim deutlich darunter mit 77,5 Prozent. Dabei sei Masern keine ,,harmlose Kinderkrankheit“, wie oft leichtsinnig vermutet, sondern könne schwerwiegende Folgen für den Erkrankten haben, betont Dr. Wölfl.
So könne es im Rahmen der Masernerkrankung zu gefährlichen Lungen- und Gehirnentzündungen kommen, besonders gefürchtet sei auch eine immer tödlich verlaufende, nach Jahren auftretende, Entzündung des Gehirns mit Nerven-Entmarkung.
Für einen effektiven, nachhaltigen Krankheits-Schutz einer Gesellschaft braucht es eine Durchimpfungsrate von etwa 95 Prozent, so verwundert es nicht, dass das Staatliche Gesundheitsamt in unserer Region derzeit auch wieder gehäufte Masernmeldungen registrieren muss.
Sehr ernst nimmt Dr. Irmgard Wölfl, die Bedenken und Skepsis mancher Bürger gegenüber dem Impfen: ,,Ich verstehe das gut, dass Eltern, die das Beste für ihre Kinder wollen, sich genau über dieses Thema informieren und Nutzen und Risiken sorgsam abwägen wollen!“ Es gebe allerdings in diesem Zusammenhang eine Vielzahl an nicht fundiert belegten, verunsichernden Berichten über etwaige Nebenwirkungen: ,,So ist etwa eine Studie, die Autismus als Folgeschaden einer Impfung aufgeführt hat, eindeutig als falsch und nicht wissenschaftlich durchgeführt, entlarvt worden“.
Dr. Wölfl: „Impfen ist so sicher wie nie zuvor!“
Auch ein erhöhtes Allergierisiko, wie oftmals behauptet wird, könne nicht in seriösen Studien nachgewiesen werden. Inzwischen seien auch sämtliche Impfstoffe quecksilberfrei, Impfen sei durch den enormen medizinischen und technischen Fortschritt so sicher wie noch nie, so Dr. Irmgard Wölfl.
Um gerade Eltern eine Impfentscheidung ohne Angst und schlechtes Gewissen zu ermöglichen, geht das Staatliche Gesundheitsamt übrigens seit diesem Jahr einen ganz neuen, ungewöhnlichen Weg: In Zusammenarbeit mit den Rosenheimer Kinderärzten Dr. Thomas Nowotny und Otto Laub, hat man das Projekt ,,ImoG“ (Impfen nach motivierender Gesprächsführung) entwickelt. Die Ärzte suchen bei Elternabenden in Kindertagesstätten die Diskussion mit den Erziehungsberechtigten und beantworten alle Fragen rund um das Thema. Der Probelauf für diese Veranstaltungsform startet noch in diesem Monat.
Einen Überblick über sämtliche von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Immunisierungen gibt es im Internet unter www.rki.de, eine Zusammenfassung gibt auch der eigene Impfpass oder man lässt sich vom Hausarzt beraten. Ausführliche Informationen bietet auch das Gesundheitsministerum unter www. schutz-impfung-jetzt.de.
Tipp: Auch jetzt noch gegen Grippe impfen
Gerade in dieser Jahreszeit empfiehlt Dr. Wölfl auch an die wichtige Grippeschutzimpfung zu denken: ,,Noch ist es nicht zu spät, sich dagegen impfen zu lassen. Auch wenn durch die Medien gegangen ist, dass der Impfschutz manchmal nicht optimal auf alle Subtypen des Erregers abgestimmt sei, kann eine Impfung immer noch schützen oder zumindest den Krankheitsverlauf deutlich abschwächen!“ Und als ganz wichtigen Tipp, der einfach ist und doch von vielen einfach ignoriert wird: ,,Ich kann nur empfehlen, sich jetzt, wo so viele Menschen um uns herum krank sind, sich regelmäßig die Hände mit warmem Wasser und Seife zu waschen!“ Mit dieser konsequenten Hygienemaßnahme, so Dr. Wölfl, könne man sein Infektionsrisiko deutlich verringern. Franziska Finsterwalder