Anlagetrend „Kryptowährungen“ mit Chancen und Risiken
Die Deutschen verlieren fast ein Fünftel ihrer jährlichen Sparleistung durch schlecht verzinste Geldeinlagen wie Tagesgeld, Festgeld und Sparbücher. In den ostdeutschen Bundesländern ist der Wertverlust mit 22 Prozent sogar noch höher. Zu diesen Ergebnissen kommt der comdirect Realzins-Radar.
Der Grund: Die Verzinsung dieser Produkte liegt zum Teil deutlich unter der Inflationsrate. Die Preise für die alltäglichen Dinge steigen damit stärker als der Wert der Ersparnisse. Besonders hart trifft es Kleinsparer. So büßen die Sparer in Mecklenburg-Vorpommern 28 Prozent ihrer jährlichen Sparleistung ein. Gleichzeitig weisen sie mit 1100 Euro im Jahr den niedrigsten Sparbetrag pro Kopf auf.
Ähnlich ergeht es den Sachsen: Sie sparen mit 1200 Euro pro Jahr ebenfalls nur wenig. Mit 26 Prozent der jährlichen Sparleistung liegt der Wertverlust ihrer Ersparnisse auch hier deutlich über dem Durchschnitt. Auch die Berliner und Thüringer büßen mit 21 und 20 Prozent einen beträchtlichen Teil ihrer Gesamtsparleistung ein und sparen mit 1600 beziehungsweise 1300 Euro pro Jahr eher wenig.
„Kleinsparer sind von der aktuellen Nullzinsphase besonders betroffen“, sagt Arno Walter, Vorstandsvorsitzender von comdirect, und fügt hinzu: „Die Sparer verlieren jeden fünften Euro ihrer jährlichen Sparleistung durch die Inflation. Ein langfristiger Vermögensaufbau ist damit kaum möglich.“
Kein Wunder, dass die sparwilligen Bürger nach Alternativen suchen. Neben den Anlagen in Wertpapieren ist dabei in letzter Zeit die Investition in „Kryptowährungen“ wie Bitcoins ein heißes Thema. Die Anlage in den virtuellen Währungen verspricht hohe Gewinne. Aber wie hoch ist das Risiko? Der Einsatz des Kryptogelds als Ersatzwährung zum „realen“ Geld in Ländern, die von Krisen heimgesucht wurden und werden brachte riesige Kursgewinne. Allerdings: Die Ankündigung der chinesischen Regierung, Spekulationen mit dem Internet-Geld unterbinden zu wollen, ließ den Kurs der größten und bekanntesten Cyber-Währung binnen zwei Wochen um 40 Prozent abstürzen. Dennoch lag er aber immer noch rund drei Mal so hoch wie zu Jahresbeginn.
Manche Experten haben bereits den Anfang vom Ende der Krypto-Währungen ausgerufen. Professor Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance and Management bezweifelt das: „Das Rad lässt sich nicht zurückdrehen. Einen Crash herbeizureden, halte ich für verfrüht.“
Kryptowährungen oder Kryptogeld sind Geld in Form digitaler Zahlungsmittel. Bei ihnen werden Prinzipien der Kryptografie angewandt, um ein verteiltes, dezentrales und sicheres digitales Zahlungssystem zu realisieren. Sie werden im Gegensatz zu Zentralbankgeld bis heute ausschließlich durch Private geschöpft. Ihre Qualifizierung als Währung ist jedoch mitunter strittig.
Das erste öffentlich gehandelte Kryptogeld dieser Art ist der seit 2009 gehandelte Bitcoin. Seitdem wurden zahlreiche weitere Kryptowährungen implementiert. Neben den bekannteren sind nach dem Vorbild des Bitcoins inzwischen über 3000 weitere Kryptowährungen in Verwendung, von denen etwa 100 einen täglichen Handelsumsatz von jeweils über 1000 US-Dollar an entsprechenden Handelsplätzen für Kryptowährungen erreichen.
Mittlerweile wurde der Erwerb der virtuellen Währung, der Bitcoin hat sich vorerst den führenden Rang erobert, stark vereinfacht. War das virtuelle Geld vor Kurzem noch eher etwas für den klassischen Computernerd, gibt es heute zahlreiche Anbieter im Netz, die den Umgang auch für den ungeübten User stark vereinfacht. Auch hier gilt es, Vorsicht walten zu lassen und seriöse Anbieter auszuwählen. Sowohl Firmenpleiten der Anbieter als auch gehackte Webseiten können zu einem Totalverlust der Anlage führen, Beispiele dafür gibt es bereits. Einmal angemeldet, wird eine virtuelle Brieftasche erstellt, über die der Anleger sein Geld verwalten kann, es ausgeben oder aber wieder zurück in eine staatliche Währung überführen. Durch die Aufspaltung des Bitcoins in eine wie bisher virtuelle, aber auch eine durch eine – ebenfall virtuelle – Zentralstelle, die alle Transaktionen aufzeichnet und überwacht gedeckte reale Form der Währung gibt es mittlerweile sogar Geldautomaten, allerdings noch nicht in Deutschland.
Die weitere Entwicklung der Kurse ist auch für Experten kaum vorherzusagen, zuviele nicht vorhersehbare Faktoren können eine Rolle spielen. Enorme Kursgewinne sind möglich, ebenso Komplettabstürze. Wer also sein Glück mit den virtuellen Währungen versuchen will, sollte vor allem eines, ähnlich wie im klassischen Wertpapiergeschäft beachten: Nur soviel zu investieren, dass ein Verlust, und zwar nicht nur der des Gewinns, verschmerzt werden kann. Robert Nusser