„Pride“ im TAM-OST Rosenheim
Ein Ehepaar und ein zweiter Mann, aus dieser Konstellation entwickelt sich in vielen Theaterstücken ein Ehebruch, die Frau betrügt ihren Gatten. Der Autor Alexi Kaye Campbell aber ist offen homosexuell und entwirft in seinem Erstlingswerk „Pride“, das 2008 am Royal Court Theatre Upstairs in London uraufgeführt wurde, eine andere Konstellation.
Im Laufe des Spiels werden die Annäherung von Philip und Oliver, die Konflikte ihrer Beziehung und besonders in Zeitsprüngen von fünfzig Jahren, die Stellung der Gesellschaft zum Thema Homosexualität, aufgedeckt. Im TAM-OST wurde „Pride“ jetzt unter der Regie von Martin Schönacher aufgeführt. Zentriert auf die Personen, spielt die Handlung vor gelungen reduzierter Kulisse.
Die Grafikerin Sylvia (Karin Killy) hat den Kinderbuchautor Oliver (Bernhard Burgstaller) eingeladen und so lernt dieser den Immobilienhändler Philip, Sylvias Mann (Tobias Huber) kennen. Groß und kräftig ist er der absolute Gegenpart zum kleinen, zierlichen Oliver. Sylvia, empathisch und klug, wird das gewisse Etwas zwischen beiden sofort empfinden. Während Oliver und Sylvia in kreativer Arbeit tätig sind, führt Philip frustriert die Firma seines Vaters. Geschickt wird beim Szenenwechsel die Kulisse gedreht. Wie bei einem Filmschnitt sind einzelne Geschehnisse oft abrupt aneinander gekoppelt. Man sieht Oliver in Auslebung seiner Sexsucht mit einem als Nazi verkleidetem Mann (Hermann Neuner), und der erfährt auch dessen Probleme, nicht nur durch die Gesellschaft, sondern auch die Verachtung von Gleichgeschlechtlichen, die er „bedient“. Die Zerrissenheit Olivers zwischen Liebe und Sucht, die Gehemmtheit Philips, der lange in Lüge lebt und die Suche nach Wahrheit und Glück von Sylvia, das alles setzen die Darsteller in exzellenter Verkörperung der einzelnen Figuren spannungsvoll um.
Philip geht einen langen qualvollen Weg vom angepassten zum ehrlich seine Gefühle und Leidenschaft lebenden Mann und Tobias Huber gibt allem die überzeugende Entsprechung. Bernhard Burgstaller, anfangs in gängiger „Schwulengestik“ agierend als Philip, beeindruckt im Verlauf des Spiels in fesselndem Aufzeigen seiner Qualen als Sexsüchtiger und sehnsüchtig Liebender. Karin Killy überzeugt von Beginn mit Bühnenpräsenz und wandelbarer Darstellung einer verletzten, Glück suchenden und später kumpelhaften Freundin und wunderbaren Frau. Hermann Neuner schlüpft überzeugend in verschiedene Rollen als schwuler Mann, Peter und Arzt.
In unserer Zeit genießen Homosexuelle zwar neue Freiheit, doch Aids beschränkt auch diese und Russland ist ein schlimmes Beispiel weiterer Repressalien gegen Schwule. Regisseur Martin Schönacher und seine hervorragenden Schauspieler konnten sich am Ende verdient über den stürmischen Beifall des Publikums freuen.
Weitere Aufführungen sind am 15., 16., 22., 23. November jeweils 20 Uhr, 24. November 17 Uhr, am 29., 30.November und 6. und 7. Dez. jeweils 20 Uhr. Margrit Jacobi