Agentur für Arbeit Rosenheim zieht Ausbildungsplatz-Bilanz
„Für Jugendliche ist die Lage auf dem Ausbildungsmarkt sehr gut, Firmen dagegen können nicht mehr alle Ausbildungsstellen besetzen“, so Dr. Nicole Cujai, Leiterin der Agentur für Arbeit Rosenheim. Cujai weiter: „Am Ende des so genannten „Berufsberatungsjahres“, das immer vom 1. 10. bis zum 30. 9. des darauffolgenden Jahres läuft, ziehen wir von der Agentur für Arbeit Bilanz über die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt.“
Bei detaillierter Betrachtung der abschließenden Zahlen ist ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage erkennbar. Positiv stellt sich die Situation für die jungen Menschen in unserem Agenturbezirk dar. Nahezu alle Jugendlichen konnten eine Ausbildungsstelle antreten, beziehungsweise haben eine Alternative ergriffen.
Für die Firmen verschärft sich allerdings das Problem, dass sie ihre freien Ausbildungsplätze nicht mehr zu hundert Prozent besetzen können. Der ein oder andere Betrieb ging auch heuer wieder „leer“ aus.
Dr. Nicole Cujai rät: „Ich kann nur alle Personalentscheider ermuntern, sich auch sogenannte „Spätstarter“ anzuschauen. Die Kampagne „AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht“ zielt genau in diese Richtung.“
„Spätstarter“, damit sind Erwachsene gemeint, die gejobbt und noch nie eine Ausbildung begonnen haben, oder Studenten, die mit 25/26 Jahren ihr Studium abbrechen und nun gerne eine verkürzte Berufsausbildung machen möchten.“
Der Ausbildungsstellenmarkt im Detail: Insgesamt hatten sich 3341 Bewerber (1834 junge Männer und 1507 Mädchen) im Laufe des Berufsberatungsjahres bei der Agentur für Arbeit für die Vermittlung in eine Ausbildungsstelle vormerken lassen, darunter 449 Jugendliche mit ausländischer Nationalität. Damit liegt die Zahl der Be-werber etwas höher als im Vorjahr (plus 40). Cujai dazu: „Wir hier im Agenturbezirk Rosenheim, zu dem die kreisfreie Stadt Rosenheim sowie die Landkreise Rosenheim, Miesbach und Bad Tölz-Wolfratshausen gehören, profitieren davon, dass diese Region eine Zuzugsregion auch für junge Familien mit Kindern ist. Der Rückgang der Schulentlasszahlen fällt daher noch nicht so ins Gewicht.“
Die Ausbildungsbereitschaft ist gut und wird getragen von vielen Klein- und Mittelbetrieben mit einer breiten Palette an Ausbildungsberufen. Dennoch rangieren bei den Ausbildungswünschen, wie schon in den vergangenen Jahren, die kaufmännischen Berufe im Einzelhandel und im Bürobereich ganz oben.
Buben gehen in den Handel…
Bei den Jungs steht eine Ausbildung im Handel direkt an erster Stelle, gefolgt vom Kfz-Mechatroniker für Pkws, dann folgt der Industriemechaniker.
Mädels werden Bürokauffrau…
Bei den Mädchen rangiert die Bürokauffrau ganz vorne, gefolgt von der Kauffrau im Einzelhandel und der medizinischen Fachangestellten (siehe Grafik).
Die meisten Jugendlichen äußern in der Regel mehrere Berufswünsche, die Zuordnung erfolgt aber grundsätzlich nach dem Hauptberufswunsch. Unter der Gesamtzahl der Bewerber ist eine Reihe von „Altbewerbern“, damit sind die Jugendlichen gemeint, die bereits im Vorjahr oder schon vor längerer Zeit die allgemeinbildende Schule verlassen haben. Cujai dazu: „Wir wissen und verstehen auch, dass jeder Betrieb gerne einen Top-Bewerber möchte. An dieser Stelle ist jedoch aufgrund der demografischen Entwicklung und des Bildungsverhaltens gerade der guten Schüler/innen eine Umorientierung notwendig. Denn die Jugendlichen, die gute und sehr gute Noten haben, entscheiden sich mittlerweile häufig für eine weiterführende Schule oder direkt für ein Studium. Ich möchte den Betrieben daher zwei Strategien zur Nachwuchsgewinnung ans Herz legen.
Duales Studium anbieten
Prüfen Sie, ob Sie in Ihrem Unternehmen – unabhängig von der Betriebsgröße – für gute Bewerber/innen nicht ein duales Studium einrichten können. Unsere Hochschule in Rosenheim ist hier sehr aktiv und bietet verschiedenste Studiengänge in dieser Richtung an. Andererseits sollten Sie zu Zugeständnissen bereit sein, wenn sich junge Menschen bewerben, die nicht unbedingt zu den schulischen Olympioniken zählen. In ihnen schlummern Fähigkeiten, die vielleicht nur geweckt und gefördert werden müssen.“
Ein Blick auf die Angebotsseite: Seit Beginn des Berichtsjahres wurden der Rosenheimer Arbeitsagentur 3595 Lehrstellen gemeldet, 3510 für eine betriebliche Ausbildung und 85 in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen. Damit haben Betriebe, Verwaltungen und die sogenannten freien Berufe, 28 Stellen weniger gemeldet als im Berufsberatungsjahr 2011/2012. Ende September waren noch 340 Lehrstellen, fast 100 weniger als im Vorjahr, zu besetzen. Stellen gibt es im Besonderen noch für Ernährungsberufe wie Koch/Köchin (21 Stellen), für Hotel- und Gaststättenberufe (21 Stellen für Hotelfachmann/ -frau, zehn für Restaurantfachmann/frau, 31 für Fachmann/ -frau Systemgastronomie) sowie für Ausbildungen im Handel, insgesamt 86 Stellen, davon viele im Lebensmittelbereich.
Martin Rippel, Teamleiter Berufsberatung, ergänzt: „Trotz des guten Stellenangebotes war es dennoch für so manchen Jugendlichen nicht einfach, eine Lehrstelle zu finden. Nach wie vor spielen der Schultyp, das Zeugnis und die darin enthaltenen Bemerkungen eine große Rolle bei der Erstauswahl der Bewerber. Umso erfreulicher fällt die Abschlussbilanz des Ausbildungsmarktes aus. Lediglich 26 Jugendliche blieben „unversorgt“, das heißt, sie haben (noch) keine Ausbildungsstelle angetreten und es konnte auch (noch) kein Alternativangebot unterbreitet werden. Insgesamt ist es so, dass von den 3341 Bewerbern 2132 eine Ausbildung begonnen haben. Es wurden aber auch andere Wege eingeschlagen. So haben sich 517 für eine weitere Schulbildung oder ein Studium entschieden. Wieder andere entschlossen sich für ein freiwilliges soziales/ökologisches Jahr (unter anderem Bundesfreiwilligendienst) oder jobben vorübergehend. Knapp 51 Jugendlichen konnte als Alternative zur Ausbildung eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme angeboten werden.“
Die Abschlussbilanz des Ausbildungsstellenmarktes in den einzelnen Regionen des Agenturbezirks Rosenheim sieht folgendermaßen aus:
Stadt und Landkreis Rosenheim: 232 unbesetzte Stellen, 25 „unversorgte“ Jugendliche.
Landkreis Miesbach: 45 freie Lehrplätze, nahezu alle Jugendlichen sind versorgt.
Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen: 63 offene Stellen, alle Jugendlichen sind versorgt.