Bezirk Oberbayern erarbeitet Qualitätsstandards und Praxisleitfaden
770 Menschen mit einer seelischen Behinderung leben in Oberbayern in geschlossen geführten Heimen. Gemeinsam mit Vertretern der Einrichtungen, der Wohlfahrtsverbände, des Verbandes privater Anbieter, der Justiz sowie gesetzlichen Betreuern hat der Bezirk Oberbayern jetzt Qualitätsstandards und einen Praxisleitfaden für diese Heime erarbeitet. „Wir wollen damit Transparenz schaffen und mehr Teilhabe und Selbstbestimmung für die Bewohner erreichen“, sagte Bezirkstagspräsident Josef Mederer.
Gut zwei Drittel der 770 erwachsenen Bewohner leben auf Grund einer zivilrechtlichen Anordnung nach § 1906 BGB in einem geschlossenen Heim. Viele Bewohner halten sich aus freien Stücken dort auf, weil sie sich in Freiheit selbst gefährden könnten. Bemerkenswert ist, dass es in Oberbayern im Rahmen der Eingliederungshilfe mehr als doppelt so viele Plätze in geschlossenen Einrichtungen gibt als im gesamten Rest der Bundesrepublik. Rund 300 Bewohner stammen daher nicht aus Oberbayern, das heißt, diese Menschen leben hier fernab ihrer sozialen Bindungen – und zwar im Durchschnitt für 19 Monate.
Bei der geschlossenen Unterbringung handelt es sich also um ein hochsensibles Thema, das laut dem Bezirkstagspräsidenten auch ein Gradmesser für die Qualität der psychiatrischen Versorgung ist. Die in einem geschlossenen Heim lebenden Menschen benötigen nicht nur intensive medizinische und psychosoziale Begleitung und Unterstützung, sondern auch Freiräume zur persönlichen Entfaltung. Die Mitglieder der Projektgruppe legten deshalb ihren Fokus auf die Entwicklung von Standards, die den Bewohnerinnen und Bewohnern ein hohes Maß an Selbstbestimmtheit ermöglichen sollen. Gleichzeitig wurde der fachlich korrekte Umgang mit rechtlich schwierigen Fragestellungen angepackt. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Heime erhalten dadurch eine größere Handlungssicherheit“, sagte Mederer.
Die Ergebnisse hat die Projektgruppe in zwei umfangreichen Broschüren zusammengefasst, die sich an Mitarbeiter der geschlossen geführten Heime und Bewohner gleichermaßen richten. Adressaten sind aber auch gesetzliche Betreuer sowie die medizinische und sozialpsychiatrische Fachwelt. Die beiden Bände können kostenfrei unter www.bezirk-oberbayern.de (Bereich Publikationen/Soziales) in gedruckter Form bestellt oder als pdf heruntergeladen werden.
In den nächsten Wochen entsteht zum Thema geschlossene Unterbringung auch ein eigener Bereich auf der Homepage des Bezirks.